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Kündigung von Schwerbehinderten in der Probezeit

EuGH: Vor der Probezeitkündigung von Schwerbehinderten muss der Arbeitgeber Versetzungsmöglichkeiten prüfen

 

Der EuGH hat mit Urteil vom 10. Februar 2022 (Rs. C-485/20 HR Rail) entschieden, dass die Kündigung eines Arbeitnehmers wegen einer während der Probezeit entstandenen Behinderung dann unwirksam ist, wenn der Arbeitgeber diesen auf eine andere freie Stelle versetzen kann, die der betreffende Arbeitnehmer einnehmen kann.

 

Nach deutschem Recht ist die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen innerhalb von 6 Monaten seit Beginn des Arbeitsverhältnisses zustimmungsfrei (vgl. § 173 Absatz 1 Nummer 1 SGB IX). Es genügt, wenn der Arbeitgeber die Kündigung innerhalb der 6-Monatsfrist erklärt, selbst wenn die Kündigungsfrist erst danach endet. Der besondere Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen und diesen Gleichgestellte ist somit erst dann gegeben, wenn das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate besteht.

 

 

Ob nach der Entscheidung des EuGH vom 10. Februar 2022 (Rs. C-485/20 HR Rail) die Kündigung des Arbeitnehmers in der Probezeit auch dann wirksam ist, wenn die Kündigung mit der Schwerbehinderung nicht im Zusammenhang steht oder die Schwerbehinderung bereits vor Beginn des Arbeitsverhältnisses bestanden hat, bleibt abzuwarten. Letztlich ist wie immer entscheidend der Einzelfall. 

 

Photo: (c) Marcus Aurelius / Pexels